Wie unterscheidet sich das Anlageverhalten von Frauen?
Verschiedene Studien belegen, dass Frauen bei der Geldanlage risikoscheuer und langfristiger orientiert sind.
Laut der Studie von Cortal Consors aus dem Jahre 2011 legen Frauen fast ein Drittel ihres Depotwertes in Anleihen und defensiven Fonds an. Außerdem verzichten sie weitestgehend auf Zertifikate oder sonstige Derivate.
Männer dagegen legen nur 20% des Geldes in risikoarme Anlageformen. Den Rest verteilen sie auf riskantere Assetklassen wie Aktien, Optionsscheine und Zertifikate.
Hinzu kommt der Fakt, dass Männer viel öfter handeln, also kaufen und verkaufen. Mit diesem Verhalten versuchen sie eine Outperformance gegenüber dem Markt zu erzielen.
Frauen dagegen sind konsequenter bei ihren Entscheidungen. Sie halten ihre Wertpapiere länger im Depot (Männer handeln im Durchschnitt 67% öfter als Frauen) und vermeiden damit hohe Transaktionskosten.
Warum sind die Anlageverhalten so verschieden?
Man könnte natürlich das gesamte Anlageverhalten durch die verschiedenen evolutionären Beschaffenheiten der Physiologie von Frauen und Männern erklären. Das ist zweifellos ein entscheidender Teil der Begründung der Unterschiede. Aber das wäre ein wenig zu einfach.
Zunächst einmal: Ja! Frauen und Männer haben verschiedene Risikoprofile. Während Frauen sicherheitsorientiert unterwegs sind, suchen Männer das Abenteuer und sind scharf auf den nächsten Adrenalinschub, den ihnen die Performance des Portfolios immer mal wieder beschwert.
Doch auch ökonomische Gründe sind teilweise verantwortlich für das konservativere Anlageverhalten der Frauen. Sie verdienen oft weniger Geld und haben während ihrer beruflichen Laufbahn mehrere Verdienstausfälle, bedingt durch Kindeserziehungszeiten.
Dadurch stehen ihnen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung und sie dürfen weniger Risiken eingehen.
Wie einst André Kostolany schon sagte: „Wer viel Geld hat, kann spekulieren. Wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren. Wer kein Geld hat, muss spekulieren.“
Was sind die Konsequenzen aus dem unterschiedlichen Anlageverhalten?
Durch die risikoärmere Portfolioausrichtung der Frauen performen ihre Depots in guten Börsenphasen schlechter als die Depots der Männer. Dagegen schwanken sie im Wert bei einer schlechten Börsenphase viel weniger, was wiederum einen stärkenden psychologischen Effekt nach sich zieht.
In einer Studie der University of California, Berkely, fand Professor Terrance Odean bei der Untersuchung von Kundendepots aus 35.000 Haushalten heraus, dass Männer sich mehr zutrauen und sich dadurch oft überschätzen.
Dadurch, dass Männer öfter handeln, verlieren sie einen Teil ihrer Performance, wodurch die Portfolios der Frauen bei der Untersuchung um 1,4% p.a. besser abgeschnitten haben.
Außerdem haben Männer bei der Studie oft Werte verkauft, die im Anschluss um 3,4 Prozentpunkte besser performt haben als die, die sie behalten haben. Durch die Selbstüberschätzung haben sie also „Geld liegen lassen“.
Eine andere Studie wurde im Magazin Proceedings oft he National Academy of Science veröffentlicht. Sie wurde von der Cambridge Judge Business School und der Universität Institute of Metabolic Science durchgeführt.
Diese Studie basiert auf der Annahme, dass in Phasen von Börsenturbulenzen und in Zeiten der Unsicherheit ein um 68% höherer Cortisol Haushalt im menschlichen Körper vorherrscht, und zwar unabhängig vom Geschlecht.
Die Konsequenz ist, dass die Bereitschaft der Marktteilnehmer um 44% sinkt, Risiken einzugehen und ihnen damit hohe Risikoprämien entgehen. Sie gehen also weniger Risiken ein in genau den Zeiten, wenn sich die größten Chancen am Markt bieten.
Jedoch achten Männer in solchen Phasen verstärkt auf kleinere Risiken, während Frauen das nicht tun. Man könnte auch sagen, Frauen gehen rationaler mit der Situation um.
Weitergehende Informationen findest du hier!
Sind Frauen nun bessere Anleger als Männer?
Ich würde behaupten, wenn Männer und Frauen sich ihrer Natur hingeben und sich gemäß ihren evolutionären Veranlagungen verhalten, dann sind Frauen tatsächlich die besseren Langfristanleger.
Jedoch handelt es sich bei allen Studien um Auswertungen von Stichproben und die Performance Abweichungen beziehen sich auf den durchschnittlichen Mann und die durchschnittliche Frau.
Dabei gibt es unter den Marktteilnehmern auch Menschen, die Kenntnis über die verschiedenen Auswirkungen von Gefühlen wie Angst und Gier und von ihrer angeborenen Selbstüberschätzung haben. Oft haben diese Marktteilnehmer Strategien entwickelt, um ihre Gefühle aus dem Spiel zu nehmen.
Auch in der Community der Finanzblogger hat sich die Meinung etabliert, dass regelmäßiges passives Investieren in breit gestreute Indexfonds für die meisten Anleger die vernünftigste und profitabelste Anlagestrategie darstellt.
Daher bin ich der Meinung, dass sowohl Männer als auch Frauen gleichermaßen gute Anleger sein können, wenn sie nicht nur die Kenntnis über die verschiedenen Auswirkungen von Selbstüberschätzung und Hormonhaushalt haben, sondern auch Strategien verfolgen, die sie davor schützen, Opfer ihrer eigenen Gefühle zu werden.
Passende Bücher zum Beitrag:
Bildquellen: Jens Lindner
8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Nico,
schöner Artikel, der meiner Meinung nach auch ein wichtiges Problem bei vielen Anlegern beleuchtet (ich schließe mich da selbst nicht aus). Wir überschätzen unsere Fähigkeiten maßlos, wenn es darum geht die „richtigen“ Aktien auszuwählen. Dadurch verschenken wir Rendite. Eine Sache finde ich aber bei der Geldanlage neben der Rendite mindestens genauso wichtig. Und zwar, dass ich mich mit der Art und Weise wie ich meine Geld investiert habe wohlfühle. Und das ist denke ich eine ganz persönliche Entscheidung, wo jeder seinen Weg finden muss. Wichtig ist, dass man sich informiert und ausprobiert was zu einem passt.
Viele Grüße vom Privatanleger!
Hallo Privatanleger,
so sehe ich das auch. Man stellt sich immer vor, dass man genau die 5 Aktien für sein Depot auswählt, die unglaublich gut laufen werden. Und zwar genau ab dem Zeitpunkt, ab dem man sie gekauft hat. Dabei kann niemand sagen welches Unternehmen, wann und wie viel Rendite bringen wird.
Daher ist es viel wichtiger sein Kapital auf mehrere solide Firmen zu verteilen, mit denen man sich wohl fühlt.
Viele Investoren sind so scharf darauf, den Markt zu schlagen, dass sie sehr hohe Risiken eingehen. Das kann sehr schnell ins Auge gehen, wenn der Markt mal zurückschlägt.
Beste Grüße,
Nico
Das mit dem „sich bei der Anlage wohlfühlen“, finde ich auch am wichtigsten. Da spielt es dann keine Rolle, ob Aktien, Anleihen, Immobilien, Gold oder Sparbuch.
Dauerhaft besser als „der Markt“ zu sein, halte ich eher für unrealistisch, da jeder über dieselben Informationen verfügt. Man kann ein und dieselbe Information höchstens unterschiedlich bewerten. Insofern sind Gewinne eher zufallsbedingt (ähnlich wie beim Lotto).
Wenn man allerdings der persönlichen Meinung ist, dass es mit der Weltwirtschaft (oder in einer bestimmten Region oder mit einer bestimmten Aktiengesellschaft) überdurchschnittlich nach oben geht, kann man durchaus darauf „wetten“, und wenn man mit seiner Einschätzung dann richtig liegt, dann – voila – wird auch ein schöner Gewinn dabei rauskommen.
Ob Frauen so etwas besser einschätzen können als Männer, weiß ich nicht. Ein hektisches Hin und Her kostet nicht nur viel Gebühren, sondern kurzfristiges Handeln gleicht eher einem Zufallstreffer (ist wie Lottospiel)
Hallo Rabi,
ich kaufe zum Beispiel neben ETFs auch gerne mal Einzelaktien. Ich kaufe sie aber nicht, weil ich der Meinung bin, damit eine Überrendite erwirtschaften zu können, so weil ich mich mit den Werten eben wohl fühle. Wie du schon sagst: Sich mit der Anlage wohl fühlen ist sehr wichtig. Das hilf mir auch in turbulenten Zeiten dran festzuhalten. ETFs zum Beispiel finde ich absolut sinnvoll, aber sie sind für mich zu anonym, um ausschließlich darin zu investieren. Ich brauche Werte, mit denen ich mich identifizieren kann.
Ich glaube schon, dass Frauen das Halten und Liegenlassen und das Passive Investieren besser beherrschen, weil viele Frauen vorsichtiger aggieren und vor einer Investition sich länger und mehr Gedanken machen. Sie wollen eher sicher anlegen, während Männer sich oft überschätzen und Überrenditen erwarten, weil sie meinen, sie wären besser als der Durchschnitt. Natürlich gibt es auch Frauen, die traden und Männer, die passives Buy and Hold betreiben. Aber ich denke im Durchschnitt sind die Männer aktiver und riskieren dabei, durch schlechtes Timing und hohe Gebühren viel Rendite zu verspielen.
Beste Grüße
Nico
Hallo Nico,
ETFs halte ich zwar grundsätzlich für gut (besonders für Leute, die sich nicht viel kümmern und mit Einzelwerten beschäftigen wollen), bevorzuge selber aber eher eine „Handvoll“ Einzelaktien, die ich mir selber zusammenstelle.
Und bei jeder einzelnen Aktie habe ich eine Vorstellung, bei welchem Kurs sie billig ist (kaufen) und wann teuer (verkaufen). Natürlich kann man sich auch mal täuschen und zu früh verkaufen; aber von Gewinnmitnahmen ist noch Niemand arm geworden. Und wenn eine Firma, deren Aktien ich halte, über einen längeren Zeitraum schlecht wirtschaftet, dann trenne ich mich auch schon mal mit Verlust (weg mit Schaden).
Commerzbank und Beate Uhse waren solche Kandidaten, die ich völlig falsch eingeschätzt hatte nach dem Motto „Money and Sex geht auf lange Sicht immer“
Hallo Rabi,
Fehleinschätzungen kommen vor. Wichtig ist bei fallenden Kursen zu entscheiden, ob die Aussichten des Unternehmens sich geändert haben oder ob man die Schwächephase aussitzt. Wenn das Unternehmen wirklich Probleme hat, muss man sich den Fehler eingestehen und die Reißleine ziehen. Je länger man wartet, desto weniger kann man noch retten.
Mein Trostpflaster bei Verlustverkäufen ist, dass ich nur drei Viertel des Verlustes wirklich hinnehmen muss. Das restliche Viertel bekomme ich vom Finanzamt zurück. Dafür muss man mit seinen Einnahmen natürlich schon über den Freibetrag kommen und Steuern bezahlt haben.
Money und Sex gehen tatsächlich immer, aber nicht jedes Unternehmen kann das in Profit umwandeln. 😀
Beste Grüße
Nico
Dass Money mal nicht geht – Bankenkrise !!! – so etwas hätte ich früher nie gedacht.
Aber das, was die Bankenkrise ausgelöst hat (unbesicherte Kredite an Einkommensschwache zu vergeben, diese Kredite zu bündeln und weiterzuverkaufen, sich diese Bündel von einer Rating-Agentur mit AAA verifizieren zu lassen) ist m.E. höchstkriminell. Ich verstehe nicht, warum die Hintermänner solchen Handelns in den USA nicht genauso belangt werden, wie die Verantwortlichen des VW-Abgasskandals.
Das finde ich auch absolut unmöglich, dass die Verantwortlichen immer wieder davon kommen. Das Problem ist, dass die Chefs der großen amerikanischen Banken sehr gut mit der Regierung und der Justiz vernetzt sind. Der Finanzministerposten wird ja fast schon traditionell mit Ex-CEOs von Goldman Sachs besetzt.