Gastautor: Franz Müller
Jeder will es, nicht jeder hat es. Es kann glücklich oder sogar süchtig und krank machen. Es ist der einer der Gründe, warum Du diesen Blog liest. In dieser kleinen Reihe wollen wir einige grundlegende Aspekte zu einem Thema beleuchten, was uns täglich beschäftigt und unser aller Leben mitbestimmt: Geld.
Teil 2: Was ist Geld wert?
Im Teil 1 haben wir uns damit auseinandergesetzt, was Geld überhaupt für einen Zweck erfüllt. Es ist so wichtig geworden, dass wir es jeden Tag verwenden. Aber mal ganz ehrlich: Wir gehen arbeiten und bekommen dafür nichts als bunt bedruckte Baumwolle. Ein Zehn-Euro-Schein besitzt z.B. einen intrinsischen Wert von 16 Cent. Warum machen wir das also? Hört sich nach einem verdammt schlechten Deal an.
Nun ja, zunächst einmal können wir uns darauf verlassen, dass das Geld für uns endlich ist. Wir können es in der Regel nicht selbst herstellen. Wir müssen arbeiten gehen, um es zu erhalten. Aber wer garantiert uns, dass wir auch etwas für unsere Scheine zurückbekommen?
Um das zu verstehen, machen wir einen kleinen Ausflug in die Geschichte: Im 19. Jahrhundert waren die wichtigsten der Währungen der Welt jederzeit eintauschbar gegen ein Erzeugnis, was noch heute viele mit Stabilität und Hochwertigkeit verbinden – Gold.
Der Goldstandard als Schutz vor Inflation
Der Goldstandard sicherte die Kaufkraft der Währungen. Zeitgleich waren die Wechselkurse zwischen den Währungen damit fixiert. Jeder, der im Besitz einer Banknote war, konnte sicher sein, dass diese einen festgelegten Wert besaß. Für den Dollar waren das genau 1/35 Feinunzen.
Dieses System funktionierte eine ganze Weile. Doch Gold ist ein sehr endliches Gut und spätestens ab 1914 hatten die Weltmächte das Verlangen nach nahezu unendlichen Ressourcen. Der erste Weltkrieg hatte begonnen. Der Goldstandard war Geschichte. Die Notenbanken druckten unbegrenzt neue Scheine, um ihre (Kriegs-)Schulden bezahlen zu können.
Nach dem ersten folgte der zweite Weltkrieg. Als sich dessen Ende andeutete, kam es zu einer Zusammenkunft von Vertretern der Siegermächte, um über die Zukunft des Geldsystems zu bestimmen. Das Bretton-Woods-System, benannt nach dem Tagungsort, war geboren. Kern dabei war die Rückkehr zum Goldstandard.
Diesmal spiegelten sich aber die Machtverhältnisse der Nachkriegsordnung darin wieder. Im Zentrum des Systems stand nämlich allein der US-Dollar. Die verschiedenen Nationen mussten einen festen Wechselkurs zur neuen Leitwährung einhalten. Diese wiederum war dafür jederzeit eintauschbar in Gold. Das führte zum einen zu einer stetigen Nachfrage nach dem Greenback sowie zur Anhäufung von Goldreserven aller Herren Länder in den USA.
Bretton-Woods war nicht von Dauer
Geschichte wiederholt sich und so stand die begrenzte Goldmenge bald wieder den massiven Kriegsschulden gegenüber. Diesmal war es der Vietnamkrieg, der mit rund 150 Milliarden Dollar bezahlt werden musste. Heute ist das schon eine Summe, die gar nicht mehr so extrem hoch erscheint, doch damals bedeutete das eine Verdoppelung der Staatschulden in nur 20 Jahren.
Wer das Prinzip der Goldbindung verstanden hat, fragt sich natürlich, wie die USA es geschafft haben, ihre Goldreserven in dieser Zeit zu verdoppeln. Das ist eine hervorragende Frage. Belege dafür gibt es kaum, denn der Goldbestand des legendären Fort Knox ist bis heute ein streng gehütetes Geheimnis, aber ein Blick in die Vergangenheit reicht, um zumindest misstrauisch zu werden.
Der erste, der das tat, war Charles de Gaulle, der große Teile der Dollar-Devisen in Gold eintauschen und per U-Boot zurück nach Frankreich transportieren ließ, auch wenn diese Aktion zum Teil innenpolitisch begründbar ist.
Kleiner Exkurs: Rund ein Drittel der deutschen Goldreserven lagern heute noch immer in Tresoren der USA. Wir sprechen dabei von 1.200 Tonnen oder ca. 43 Milliarden Euro (Stand 05/2018).
Zurück in die Zeit des Vietnamkrieges: Die Angst wuchs, dass andere Staaten die immensen Schulden in Gold umtauschen wollten. Etwas musste geschehen und so kündigte Präsident Nixon 1971 kurzerhand die Goldbindung. Moment! Das müssen wir uns mal kurz auf der Zunge zergehen lassen. Die einzige zentrale Abmachung, auf die sich das gesamte Bretten-Woods-System stützte, wurde mit einer einzigen Rede pulverisiert.
Trust is all you need
Das hatte natürlich neben einer sofort eintretenden Inflation noch weitreichendere Folgen. Zum einen war das der Beginn der freien Wechselkurse und des Geldmarktes wie wir ihn heute kennen. Zum anderen wurde für die großen und wichtigen Währungen der Welt nun kein Edelmetall mehr hinterlegt. Zwar gab es Versuche der Wiederbelebung, doch ohne Erfolg.
Bis heute sind die Scheine und Münzen, die Zahlen auf digitalen Konten, die wir unser Leben lang versuchen anzuhäufen durch nichts in der Welt gedeckt.
Das führt uns endlich zurück zu unserer Ausgangsfrage. Warum lassen wir uns in Geld bezahlen, es ist doch eigentlich wertlos?! Ein Ökonom würde die Frage wie folgt beantworten: Geld ist das wert, was andere dafür bereit sind zu geben. Keine zufriedenstellende Antwort? Ich versuche es mal in meinen eigenen Worten: Die Kaufkraft von Geld ist einzig und allein begründet in seiner Kaufkraft.
Das klingt erst einmal völlig absurd. Dahinter steckt ein einfaches psychologisches Prinzip. Geld ist letzten Endes nichts weiter als ein Versprechen, Banknoten gegen Produkte und Dienstleistungen tauschen zu können. Wie bei jedem Versprechen bemisst sich sein Wert im Vertrauen, dass man demjenigen gegenüber aufbringt, der das Versprechen gibt.
Wir alle haben dieses Vertrauen, sei es in den Staat, die Banken oder in die Discounter und Online-Shops, denen wir unsere Scheinchen anbieten. Oder glaubst Du, das Amazon sich ab morgen lieber Deine Armbanduhr für das gekaufte Finanzbuch zuschicken lässt, anstatt sich bequem per PayPal bezahlen zu lassen? Wohl eher nicht.
Das ist keine Selbstverständlichkeit und kann sich durchaus ändern, doch solange es so ist, hat unser Geld einen Wert. Dass das Vertrauen, das wir in unser Geldsystem haben vielleicht mutiger ist, als wir denken, zeige ich im nächsten Teil. Darin schauen wir uns an, wie Geld eigentlich entsteht.
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Bildquellen: Sharon McCutcheon
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Dieser Beitrag fasst sehr schön zusammen, was in Büchern oftmals auf vielen Seiten erklärt wird.
Deinen fettgedruckten Satz würde ich allerdings um zwei Wörter ergänzen zu „Die Kaufkraft von Geld ist einzig und allein begründet im Vertrauen auf seine Kaufkraft“. (Du erklärst dieses Vertrauen erst im Anhang)